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Freud und Leid von C. G. Jung

Emma und Carl Gustav Jung (etwa 1903) - Das Bild stammt von einer astrologischen Datenbank aus dem Artikel über Emma Jung
Emma und Carl Gustav Jung (etwa 1903) - Das Bild stammt von einer astrologischen Datenbank aus dem Artikel über Emma Jung

Am heutigen 147. Geburtstag von Carl Gustav Jung möchte ich, wie bereits in meinem an seinem 61. Todestag erschienenen Artikel über sein Geburtshoroskop angekündigt, noch ein wenig mehr über sein Leben und Wirken berichten. Insbesondere werde ich die wichtigsten Erkenntnisse aus den anderen beiden Teilen meiner Hausarbeit im Rahmen der DAV-Prüfung rekapitulieren. In diesen beleuchtete ich einen mehrjährigen Abschnitt aus Jungs Leben mit Hilfe von metagnostischen Methoden in Hinblick auf wichtige Entwicklungsschritte und Herausforderungen und ich beschrieb die Beziehung zu seiner Ehefrau aus astrologischer Sicht. Dabei stellte ich jeweils Vergleiche mit seiner tatsächlichen Biografie her, wobei ich mich teilweise auf den Wikipedia-Artikel über C. G. Jung, teilweise auf eine Jung-Biografie von Anthony Stevens bezog. Im Unterschied zu meiner Hausarbeit möchte ich hier mit der Beziehungsanalyse zu seiner Ehefrau beginnen. Carl Gustav Jung und Emma Rauschenbach, "die Tochter eines reichen Industriellen", heirateten 1903, bekamen zwischen 1904 und 1914 vier gemeinsame Töchter sowie einen Sohn, lebten bis zum Umzug in ihr Haus am Zürichsee 1908 in einer Wohnung in der Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli in Zürich - wo Carl Gustav bis zur Eröffnung seiner Privatpraxis im Jahre 1909 arbeitete - und verbrachten ihr Leben bis zu Emmas Tod im Jahre 1955 gemeinsam. Emma beschäftigte sich selbst u.a. mit Naturwissenschaften und wurde von ihrem Ehemann in ihren Interessen gefördert, umgekehrt ermöglichte sie ihrem Ehemann durch ihr Vermögen seine Forschungsfreiheit, übernahm auch für ihn Schreibarbeiten und war ihm "eine wichtige Geschäftspartnerin und Kritikerin seiner Texte". Emma war auch bei ihrem Ehemann in die Analyse gegangen und arbeitete ab 1930 selbst als Analytikerin.

Die Radix von Emma Rauschenbach, geb. am 30.03.1882 um 22:45 Uhr Ortszeit in Schaffhausen (Schweiz)
Die Radix von Emma Rauschenbach, geb. am 30.03.1882 um 22:45 Uhr Ortszeit in Schaffhausen (Schweiz)

Während Emma "eine vorbildliche Ehefrau und Mutter" war, gab es bei Carl Gustav "polygame Anteile", was er scheinbar als selbstverständlich für jeden Mann betrachtete. Er brauchte sowohl eine Frau, die sich um sein Heim und seine Kinder kümmerte, als auch eine "geistige Gefährtin", nach der er - trotz Zufriedenheit in seiner Ehe - stets suchte, um "seine aktuellen Wünsche und Ideen teilen" zu können, was Emma "im Laufe der Jahre [...] lernte [...] zu ertragen". Jedenfalls zwei Frauen, zu denen Jung eine außereheliche Beziehung pflegte, blieben auch der Öffentlichkeit nicht verborgen, mit einer davon - welche 1953, also zwei Jahre vor Emma Jung, verstarb - trat das Ehepaar sogar gemeinsam in Erscheinung. Obwohl es "heftige Kämpfe" gab, in denen Emma von ihrem Ehemann die Beendigung seiner zweiten Beziehung forderte, blieb dieses Arrangement bestehen, da Carl Gustav beteuerte, ohne dieses nicht "auszukommen", gleich einer emotionalen Erpressung, worauf seine Ehefrau aus Sorge um seine "geistige Gesundheit" nicht nur bei ihm blieb, sondern auch entgegen ihrer Prinzipien seine Untreue hinnahm. So ließ Emma ihrem Ehemann seine Freiheiten, vermutlich um der Stabilität seiner Gefühlswelt und der ihrer Ehe Willen, da eine Scheidung für sie "nicht in Frage kam".

Synastrie der Radix von Carl Gustav Jung (innen) und der Radix von Emma (außen)
Synastrie der Radix von Carl Gustav Jung (innen) und der Radix von Emma (außen)

Erst durch das Hinzuziehen der Radix von Emma Jung, geb. Rauschenbach (siehe oben) wurde für mich deutlich, welche Beziehungsdynamiken wohl das jahrelange Bestehen außerehelicher Beziehungen von Carl Gustav ermöglicht haben könnten. Die Synastrie (siehe links) zeigt, dass beide wahrscheinlich nach einem sehr fürsorglichen und romantisch veranlagten Menschen als Idealvorstellung von einem Partner suchten, sie erwarteten wohl auch voneinander prinzipiell gegenseitige Treue, außer möglicherweise in Anbetracht der jeweiligen "Sandkastenliebe". Für sich selbst hielten es beide womöglich mit der Treue nicht so streng, da er stets "guten Willen" zeigte und sie "keine Langeweile" in der Beziehung duldete. Es gab wahrscheinlich einige potenziell konstruktive, allerdings auch so manche potenziell destruktive Beziehungsmuster zwischen Carl Gustav Jung und seiner Ehefrau Emma.

Sigmund Freud (links) und C. G. Jung (rechts) im höheren Alter - Das Bild stammt von einem englischsprachigen Artikel über die Unterschiede zwischen den beiden
Sigmund Freud (links) und C. G. Jung (rechts) im höheren Alter - Das Bild stammt von einem englischsprachigen Artikel über die Unterschiede zwischen den beiden

Eine andere Persönlichkeit, mit der C. G. Jung meist direkt in Verbindung gebracht wird, war Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse. Da zwischen den beiden eine langjährige Freundschaft und Kollegialität bestand, wählte ich den Zeitraum, in welchem diese intensive Arbeits- und Freundschaftsbeziehung bestand, als Lebensabschnitt von Carl Gustav Jung für meine Hausarbeit. Im Vorfeld seiner ersten persönlichen Begegnung mit Sigmund Freud hatte Jung an der Psychiatrischen Klinik Burghölzli in Zürich als Assistent des bekannten Psychiaters Eugen Bleuler in dessen Auftrag intensiv an einem Experiment zum Nachweis einer Theorie Freuds gearbeitet, wofür er "Beachtung und Anerkennung in der Welt der Psychologie" erhielt. 1906 schickte Jung eine Kopie seiner Forschungsergebnisse an Sigmund Freud, worauf dieser so begeistert reagierte, dass Jung nach Wien reiste, um ihn zu treffen - und bei diesem ersten Zusammentreffen im März 1907 sprachen die beiden Fachkollegen "dreizehn Stunden ohne Pause miteinander".

Transite vom März 1907 in Synastrie zur Radix von C. G. Jung
Transite vom März 1907 in Synastrie zur Radix von C. G. Jung

Diese zwischenmenschliche Begegnung in seinem 32. Lebensjahr hatte für C. G. Jung vermutlich nicht nur eine Art Schlüsselfunktion in seinem Leben, sondern sie hatte sicherlich Auswirkungen auf seine Arbeit und womöglich auch auf andere Aspekte seines Alltags. Zwischen beiden Kollegen fand in der Folge nicht nur reger Austausch mit gegenseitiger Beeinflussung in Bezug auf ihre jeweiligen - teilweise wenig vereinbaren - Theorien und Glaubensvorstellung statt, auch entwickelte sich bald nach der ersten Begegnung eine Art Vater-Sohn-Beziehung, in der Carl Gustav Jung von Sigmund Freud als sein "Kronprinz" auserkoren wurde, der seine Autorität bedingungslos anerkennen und seine "Dogmen" als Nachfolger weiterführen sollte. Für Jung bedeutete dies möglicherweise innerhalb der Jahre ihrer beruflichen wie privaten Beziehung, sich auch mit den frühen Unabhängigkeitswünschen sowie seelischen Verletzungen aus dem konflikthaften Verhältnis zu seinem eigenen Vater auseinanderzusetzen.

Transite vom Januar 1913 in Synastrie zur Radix von C. G. Jung
Transite vom Januar 1913 in Synastrie zur Radix von C. G. Jung

Trotz der bestehenden Ambivalenz C. G. Jungs bezüglich seiner zugedachten Rolle als Freuds "Nachfolger" übernahm er auf dessen Wunsch die verantwortungsvolle Funktion des ersten Präsidenten der 1910 gegründeten Internationalen Psychoanalytischen Gesellschaft. Da er sich jedoch vermehrt in seinen individuellen Ideen von denen Freuds entfernte, worauf jener mit "Herablassung" reagierte, kam es im Jahre 1911 zum Streit, welcher im folgenden Jahr eskalierte. Jung suggerierte in Briefen an seinen älteren Kollegen mehrmals, dass er als Schüler seinen Lehrer überholt habe. Im September 1912 grenzte sich Carl Gustav Jung bei einigen Vorträgen zu seinen neuen Theorien in New York klar von der Beeinflussung durch die Lehren Sigmund Freuds ab. Daneben suchte er nun neuen Sinn durch das Betreten zusätzlicher Interessens- und Forschungsgebiete, wodurch er wohl endgültig den Umbruch einleitete, der schließlich im Januar 1913 zur schriftlichen Beendigung ihrer Freundschaft und zur Niederlegung sämtlicher Ämter, die ihn mit der Freud'schen Psychoanalyse verbanden, durch Jung führen sollte. Erst durch die astrologische Betrachtung der knapp sechs Jahre von C. G. Jungs Freundschaft mit Sigmund Freud zeigte sich mir, dass die gute Beziehung der beiden vermutlich deshalb endete, weil Jung etwa in den letzten zwei Jahren dieses Zeitraums durch einige wichtige Phasen seines Individuationsprozesses ging. 

Vermutlich werde ich mich irgendwann demnächst näher mit dem Geburtshoroskop von Sigmund Freud befassen, um auch seine Seite dieser intensiven Jahre der Freundschaft zwischen ihm und seinem Kollegen Carl Gustav Jung zu betrachten...

Nachtrag: Den Blog-Artikel über Sigmund Freud finden Sie hier.

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