Am 06.06.1961 - also genau heute vor 61 Jahren - verstarb Carl Gustav Jung im hohen Alter von fast 86 Jahren. Als Begründer der analytischen Psychologie war C. G. Jung nicht nur eine wichtige Persönlichkeit des beginnenden 20. Jahrhunderts, er beschäftigte sich auch lange Jahre sehr intensiv mit der Astrologie. Bei der Behandlung manch eines seiner Patienten zog er zusätzlich dessen Horoskop zurate, umgekehrt erhielten einige seiner Theorien, wie z.B. die "Synchronizität" oder der Begriff des "Schattens", Einzug in die psychologische Astrologie. Somit könnte man sagen, dass Jung sich längere Zeit zwischen Psychologie und Astrologie bewegte, wodurch beide Disziplinen sich gegenseitig befruchteten.
Bereits in meinem allerersten Blog-Artikel kündigte ich sozusagen einen Beitrag über Carl Gustav Jung an. Als approbierte tiefenpsychologisch fundiert arbeitende Psychotherapeutin, die sich nebenberuflich mit der psychologischen Astrologie befasst, war ich von den Theorien Jungs schon lange fasziniert. Daher hatte ich mich dafür entschieden, meine Hausarbeit im Rahmen der DAV-Prüfung über diesen für die Psychologie und für die Astrologie gleichermaßen so bedeutenden Mann zu verfassen. Die Hausarbeit bestand aus drei Teilen, in denen ich zunächst das Geburtshoroskop von C. G. Jung umfangreich deutete, anschließend einen mehrjährigen Abschnitt aus seinem Leben mit Hilfe von metagnostischen Methoden astrologisch in Hinblick auf wichtige Entwicklungsschritte und Herausforderungen beleuchtete und zuletzt noch die Beziehung zu seiner Ehefrau aus astrologischer Sicht beschrieb. Da natürlich der gesamte Umfang meiner Hausarbeit zu groß für einen Blogeintrag ist, habe ich mir überlegt, heute - am Todestag von C. G. Jung - die Zusammenfassung meiner Deutung seines Geburtshoroskops hier zu veröffentlichen und in einem späteren Beitrag - nämlich an seinem Geburtstag - meine wichtigsten Erkenntnisse über die anderen beiden Punkte.
Carl Gustav Jung wurde am 26.07.1875 bei Sonnenuntergang im schweizerischen Kesswil am Bodensee geboren. Seine Tochter Gret Baumann gab 1985 in einer Biografie über ihren Vater dessen Geburtszeit an. Zusammengefasst ergab sich aus meinen Deutungen dieser Radix (siehe rechts) folgendes Bild: C. G. Jung war vermutlich vom Temperament her ein recht ausgeglichener Mensch, der vorwiegend handlungs- und fast gleichermaßen gefühlsorientiert war, außerordentlich gut an Bestehendem festhalten konnte und dem sein Beitrag zu Gesellschaft und Kultur nach seiner Selbsterhaltung und seinem Selbstwert am wichtigsten im Leben war. Nach außen wirkte er wohl wie ein Freigeist, der auf sehr originelle, erfinderische und etwas eigenbrötlerische Weise nach Unabhängigkeit strebte. Dem gegenüber stand sein großzügiges, kreatives und luxusliebendes inneres Wesen, welches insbesondere in zwischenmenschlichen Beziehungen und Begegnungen zum Ausdruck kam. Er dürfte einerseits ein starkes inneres Bedürfnis nach Sicherheit und Beständigkeit gehabt haben, welches er vorwiegend bei seinen nächsten Verwandten sowie im Informations- und Gedankenaustausch mit Menschen in seiner näheren Umgebung suchte, sich jedoch andererseits auch nach Unabhängigkeit von anderen Menschen gesehnt haben. Möglicherweise wurde Jung in der Erfüllung seiner eigenen Wünsche häufig enttäuscht, da er meist stur und nachdrücklich auf seinen Prinzipien beharrte, jedoch konnte er durch einen kombinierten Einsatz seiner individuellen Fähigkeiten für die Gesellschaft oder zumindest für seine Freunde und andere Interessensgemeinschaften sicherlich auch viel in Bewegung setzen. In seinem Berufsleben strebte er vermutlich nach größtmöglicher Selbstentfaltung in Bereichen, wo Beziehungen gepflegt, Verbindungen hergestellt, vermittelt, ausgeglichen oder beraten wurde, wobei es für ihn auch im Laufe der Jahre immer wichtiger wurde, zu tieferen Wahrheiten vorzudringen, innere Wandlungen zu durchlaufen, Geheimnisse zu lüften und sich an Tabubereiche heranzuwagen, begleitet von manchmal etwas radikalen oder unangepassten Tendenzen. Im Umgang mit Geld war er vermutlich einerseits sehr großzügig, risikofreudig und spekulativ, andererseits auch fast gleichermaßen intuitiv, instinktsicher und emotional. In der Partnerschaft war er wohl einerseits gerne die "treibende Kraft", andererseits wünschte er sich auch Nähe und emotionale Geborgenheit, zog womöglich pragmatische und einfallsreiche Partnerinnen gleichermaßen an und suchte mit seinem offenen, allerdings auch etwas distanzierten Auftreten Ergänzung in einem herzlichen und einnehmenden Menschen.
In einer Jung-Biografie von Anthony Stevens sah ich oben beschriebene Kurzcharakteristik auch gleich im ersten Absatz bestätigt:
Jung war ein Mann der Gegensätze. Auf der einen Seite war er ein Individualist und Exzentriker, auf der anderen verkörperte er den universalen Menschen schlechthin. Er setzte sich das Ziel, in seinem eigenen Leben das ganze Potential menschlicher Existenz zu realisieren, aber gleichzeitig war er entschlossen, einen kompromisslosen und einzigartigen Lebensweg zu gehen. Wenn er damit, was häufig der Fall war, andere Menschen vor den Kopf stieß, so schien ihn das im Großen und Ganzen wenig zu stören. „Normal zu sein“, sagte er, „ist das Ideal der Mittelmäßigen“.
Und wie erging es Carl Gustav Jung am Ende seines langen Lebens? Die Transite der Langsamläufer an seinem Todestag (siehe links) verraten, dass er in Bezug auf seine Persönlichkeit und sein Auftreten tatsächlich noch die Chance gehabt hätte, innere Erfahrungen der Entfaltung und Sinnfindung zu machen - also entsprechend seinem oben genannten "Ziel, in seinem eigenen Leben das ganze Potential menschlicher Existenz zu realisieren". Im Rückzug vom Alltag hätte er noch mehr innere Ordnung schaffen und in Bezug auf höheres Wissen seiner inneren Intuition vertrauen können. Doch das meiste spielte sich bei ihm wiederum im zwischenmenschlichen Bereich ab: Hier hätte er noch gut neue Anregungen und Impulse zur Veränderung erhalten sowie nach einer inneren Wahrheit suchen, Transformation, Regeneration und Wachstum erfahren können. Außerdem fanden auch seine Unangepasstheiten und seine Lernaufgaben zu diesem Zeitpunkt innerhalb von Beziehungen und Begegnungen aller Art statt. All dies könnte dazu passen, dass C. G. Jung in seinen letzten Lebensjahren noch seine Forschungen über das kollektive Unbewusste vorantrieb. Selbst in hohem Alter schreckte er also nicht vor den tiefsten Abgründen seiner eigenen Seele zurück, ähnlich wie er Patienten in seiner Praxis zur Analyse zu begrüßen pflegte:
"So, Sie haben sich also auch entschlossen, in die psychische Ursuppe einzutauchen!"
(zitiert nach Anthony Stevens)
Nachtrag: Lesen Sie hier den 2. Teil dieses Artikels.
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